Flag Counter
Geöffnet von Hubert Klühe am 13.02.2009 Hochseefischer-Backskiste
Wilfried Kredel
HOCH WEITER ZURÜCK
Erinnerungen an meine Fahrzeit im Fischkombinat Rostock von Kältemaschinist Wilfried Kredel
© by Wilfried Kredel
1960
Meine Fahrzeit auf Logger, Trawler und dem Verarbeitungsschiff ROS 315 Martin-Anderson-Nexö Im jungen Alter von 10 Jahren war ich in Göhren, auf der Insel Rügen zur Erholung. Von dieser Zeit an wollte ich unbedingt zur See fahren. Nach meiner Lehre als Maschinenbauer, hatte ich mich dann bei der DSR beworben. Bekam aber keine Chance. 1957 gab es einfach noch zu wenige Schiffe. Dann bekam ich vom Fischkombinat Rostock alle Unterlagen zur Einstellung zugeschickt. Da wollte ich eigentlich gar nicht hin. Meine Mutter sagte dazu: „Du isst ja nicht mal Fisch. Da gibt es nur Fisch zum Essen“. Egal sagte ich mir, erst mal nach Rostock. So bin ich mit meinem Freund Hartmut H. aus dem Nachbarhaus in Görlitz am 1. Januar 1958 nach Rostock gefahren. Am 2. Januar waren wir dann schon eingestellt. Mein Freund Hartmut bekam auch gleich einen Logger zugewiesen mit dem er zur ersten Fangreise auslief. Ich sollte Hartmut erst nach einem halben Jahr in Görlitz wiedersehen. Da kein Schiff für mich als M-Assi im Hafen lag, habe ich dann als Decksmann auf einen Logger angemustert. Das war für mich eine schlimme Erfahrung. Im Januar auf der Ostsee bis Gotland. Seekrank, Frost, Nässe und keine Ahnung vom Fischfang. Mir sind fasst die Hände abgestorben, an Deck beim Schlachten und Netz halten. Kaum Schlaf, auf was hatte ich mich bloß eingelassen. Die nächste Reise war dann der Einsatz im Maschinenraum für mich besser. Mein bestes Schiff war ROS 134 „Fünfjahrplan“ mit einem Super Kapitän und Besatzung. Die schönsten Fahrten waren der Heringsfang in der Nordsee. Wir standen öfters alle an Deck und haben die Heringe in die Fässer gefüllt. Es ging immer durch den Nord-Ostsee-Kanal. In der Schleuse wurden wir von den Wessis manchmal belächelt. Unseres Schiffsnamens wegen und auf die Frage: „Wo wir überall hinfahren?"„Bis Island, Norwegen und bis Spitzbergen!“. „Was, mit diesem Schiff ohne Radar?“… Nach einem Jahr auf ROS 134, hat man mich dann auf ROS 203 „Zwickau“ versetzt. Im April 1960 fragte mich der Maschineninspektor, Herr Glas, ob ich nicht Lust hätte auf das neue Fabrikschiff zu wechseln. Da war für mich natürlich klar dort anzuheuern. Wir absolvierten im Kombinat einige Lehrgänge und wurden dann nach Antwerpen gebracht. Da lag die „Martin Andersen Nexö“. Wir waren beeindruckt von unserem neuen Arbeitsplatz. Wir hatten die Aufgabe die Maschinenanlagen gründlich zu studieren. Von allen Leitungen und Ventilen wurden Skizzen angefertigt. Dann kam der erste Start der Hauptmaschine. Die gesamte Maschinenbesatzung hatte ihre Position eingenommen. Alles war klar. Der leitende Ingenieur wollte die Maschine anlassen, eine Umdrehung, dann ein großes Scheppern aus der Zylinderkopf-Etage. Vor dem Start der Maschine wurde alles überprüft und gescheckt, aber keiner hatte an die Abdeckplane auf dem Luftansaugschacht gedacht. Nach einer großen Abschieds-Feier für alle Werftarbeiter und Besatzungsmitglieder ging es endlich los zum weiteren Umbau des Schiffes nach Wismar. Es war eine gute Zeit auf ROS 315. Wir waren sehr erfolgreich. Haben sogar einen britischen Kohle-Erz-Frachter bei Windstärke 11 aus SEENOT gerettet. Auch eine in Seenot geratene dänische Jacht in Schlepp genommen. Vor Grönland hat unser Doktor mehrere Blinddarm-OPs durchgeführt, wobei ich seine erste OP filmen durfte. Ein Blinddarm Patient kam von einem westdeutschen Trawler. Das hatte sich natürlich schnell auf dem Fangplatz rumgesprochen. Meine Freizeit verbrachte ich auf der MAN auch als Filmvorführer und leitete an Bord den Fotozirkel. Nach zweieinhalb Jahren wurde ich nach Wismar zur Übernahme des Neubaus von ROS 307 „Peter Nell“ abkommandiert. Auf diesem Schiff endete auch meine Seefahrtszeit. Da ich nicht verheiratet war, keine Freundin hatte und meine Schwester im Westen war, wurde mir der Sichtvermerk im Seefahrtsbuch gestrichen und das Seefahrtsbuch eingezogen. Habe mich noch auf Rat unseres GdK (Gehilfe d. Kapitäns wurde der Parteisekretär an Bord genannt) an den im Fischkombinat tätigen Staatsicherheitsmann gewandt. Aber leider ohne Erfolg. Er gab mir noch den Tipp gut in der FDJ mitzumachen, dann könnte ich vielleicht später noch einmal nachfragen. Man war eben diesem System ausgeliefert und dafür wollten die Genossen noch geliebt werden. Soweit zu meiner siebenjährigen Seefahrtszeit im Fischfang. Wilfried Kredel 2013 Wie Wilfried Kredel ging es vielen Kollegen, manche erfuhren nicht einmal weshalb sie kein Sichtvermerk mehr bekommen haben. Ein verkehrter Satz, den ein Stasispitzel weiter gab oder ein Ausreiseantrag den weitläufige Verwandte irgendwo gestellt hatten, konnte die Ausreise Sperre und die Kündigung zur Folge haben. Weder der Betrieb noch die Kollegen hatten in Wirklichkeit ein Interesse am „gegenseitigen Einvernehmen“ dieser Kündigungsart. Beide Seiten wurden durch das Partei- und Stasi System betrogen. Wilfried Kredel hat 2013 in mühevoller Arbeit dem MAN Film von Werner Westphal seine persönliche Note als Zeitzeuge und Teilnehmer der ersten Reise gegeben. Das Film Design und die Vertonung des Filmes sind ihm sehr gut gelungen. Gut hat er seine noch vorhandenen Fotos im Film und im Anhang eingebaut. Ich danke Wilfried, bestimmt auch im Namen vieler ehemaliger Kollegen, für seine Beteiligung an unserer Traditionspflege. Hubert Klühe.
© by W. Kredel